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«Sie sind Brückenbauer zwischen den verschiedensten Anspruchsgruppen»

09. März 23

Diesen Sommer werden die ersten Lernenden in die neue Berufslehre «Entwickler/in digitales Business EFZ» starten. Angela Munz war bereits im Bereich Digital Business tätig, bevor es die Ausbildung gab. Heute baut sie als Lehrbeauftragte die neue Berufslehre mit auf. Im Interview erzählt sie, weshalb sie vom Potenzial dieses Berufs überzeugt ist und was ihr daran besonders gefällt.  


Wie bist du zu deiner Tätigkeit im Bereich Digital Business gekommen?  

Bereits während meiner kaufmännischen Berufslehre hat mich gestört, dass die eingesetzte Software die Benutzer zu Fehlern verleitet und nur lückenhaft die Arbeitsprozesse unterstützt hat. Deshalb habe ich bald versucht, Verbesserungspotenzial zu erkennen und habe dabei die Gelegenheit erhalten, dies auch gleich selbst umzusetzen. So habe ich früh erlebt, wie stark sich der optimale Einsatz von digitalen Hilfsmitteln auf die Effizienz von Ressourcen auswirkt. Diese wertvollen Erfahrungen helfen mir noch heute immer wieder, die Chancen für Verbesserungen zu erkennen und die Freude an der Nutzung von neuen Technologien weiterzugeben.  


Hättest du Entwicklerin digitales Business gelernt, wenn es den Beruf zu deiner Zeit schon gegeben hätte?  

Ja, auf jeden Fall. Ich befinde mich sehr gerne an der Schnittstelle zwischen Mensch, Technik und Wirtschaft. Umgesetzte digitale Lösungen müssen aus meiner Sicht immer auf die entsprechende Benutzergruppe zugeschnitten sein, den aktuellen technischen Anforderungen und Entwicklungen entsprechen aber auch wirtschaftlich getragen werden können. Genau dort setzt der neue Beruf an.


Heute bist du als Lehrbeauftragte tätig und hilfst dabei mit, die neue Lehre aufzubauen. Was motiviert dich?

Mich hat in meinem Berufsleben bis jetzt am meisten fasziniert, so viele verschiedene Geschäftsbereiche und Branchen sehr nahe erleben zu können. Keine Lösung sieht bei einer anderen Firma oder Institution gleich aus. Nach 15 Jahren Erfahrung in der Digitalisierung von Prozessen möchte ich meine Faszination für diesen Beruf weitergeben. Persönlich finde ich es sehr wichtig, dass es nun einen Beruf gibt, in dem von Grund auf die nötigen Fertigkeiten vermittelt werden und man sich nicht mehr, wie bis anhin, im IT-Berufsalltag alles selbst erarbeiten muss. Zudem kann ich nun mit Stolz sagen, dass es meinen Beruf auch als Lehre gibt und hoffe, dass dies auch viele meiner ehemaligen Berufs- und Projektteamkollegen dazu ermutigt, die Lehre als Ausbildungsbetrieb anzubieten.


Wie muss man sich den Berufsalltag einer Entwicklerin digitales Business vorstellen?  

Da gibt es verschiedenste Arbeitssituationen. Wenn beispielsweise die Erneuerung einer Softwarelösung ansteht, wirkt man in einem Projektteam mit. Man holt die Bedürfnisse der Anwendergruppen ab, analysiert Prozesse, hilft bei der Einführung und den Schulungen mit. Danach gilt es, laufend Optimierungsschritte bei bereits eingeführten Lösungsumgebungen zu erkennen und umzusetzen. Der Beruf ist somit extrem vielseitig und der Alltag immer anders. Zudem hat die entsprechende Branche, in der man tätig ist, einen grossen Einfluss auf die Tätigkeiten.  


Mit welchen Tools arbeitet eine Entwicklerin digitales Business?  

Welche Werkzeuge verwendet werden, ist abhängig vom jeweiligen Arbeitsgebiet. Mein Grundsatz ist, wenn immer möglich selbst die gleichen digitalen Tools einzusetzen, wie die betreuten Fachgebiete. Dazu gehören beispielsweise Tools zur digitalen Kollaboration, Analyse, Visualisierung, Automatisierung und viele mehr.  


Hat man viel Kontakt mit Personen aus anderen Fachgebieten?

Definitiv. Damit ein durchgängiger Prozess auch richtig analysiert, abgebildet und eine passende Lösung gefunden werden kann, braucht man den Kontakt zu Personen aus den jeweiligen Fachgebieten. Häufig ist man dort tätig, wo das aktuelle digitale Entwicklungspotenzial vorhanden ist, und gehört da auch direkt ins Team.


Was gefällt dir besonders an dem Aufgabengebiet?

Ich schöpfe meine grösste Motivation daraus, etwa ein halbes Jahr nach einer erfolgreichen Umsetzung in die dankbaren Augen der betroffenen Benutzer schauen und mich persönlich überzeugen zu können, dass ich für den Arbeitsalltag dieser Menschen und ihre Unternehmung einen Fortschritt bewirken konnte.


Was sind die Herausforderungen in diesem Beruf?

Dass Veränderungen im Arbeitsalltag oft nicht erwünscht sind und der aktuelle technologische Wandel für sehr viele Leute einfach zu schnell geht. Hier ist wichtig, sich genügend Zeit zu nehmen, um die Betroffenen abzuholen und möglichst zum richtigen Zeitpunkt das nötige Know-how aufzubauen.


Wem empfiehlst du die neue Ausbildung?

Allen, die ein technisches Flair sowie Freude am Fortschritt haben; die zuhören, hinschauen und daran glauben, dass immer etwas verbessert werden kann.


Was sind für dich die wichtigsten Voraussetzungen in diesem Beruf?  

Die zukünftigen Lernenden sollten sich als Brückenbauer zwischen den verschiedensten Anspruchsgruppen sehen. Man muss also neben den fachlichen Fähigkeiten unbedingt auch vermitteln können und sehr lösungsorientiert sein. Ausserdem muss man Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen haben und diese auch für Neues begeistern können.


Was kann man mit dieser Ausbildung tun?  

Man hat die Möglichkeit, sich nach dem Lehrabschluss eher generalistisch zum Wirtschaftsinformatiker weiterzubilden oder sich in einem passenden IT-Bereich zu spezialisieren - etwa in Richtung Applikationsentwicklung.  


Wo siehst du den Mehrwert für Unternehmen?  

Mit der Unterstützung von Entwicklerinnen und Entwicklern digitales Business werden Lösungen auch tatsächlich mit einem Mehrwert eingeführt. Unternehmen profitieren zudem davon, dass sie eine treibende Kraft für neue Innovationen und Technologien haben.


Hast du ein bestimmtes Ziel, das du verfolgst?

Mein Ziel ist es den Aufbau des neuen Berufs möglichst positiv mitgestalten zu können, weil damit genau die Leute ausgebildet werden, die es jetzt braucht.


Gibt es etwas, das du jungen Menschen in der Berufswahlphase auf den Weg geben möchtest?

Ja. Bitte auf keinen Fall die ICT als Berufsfeld unterschätzen und nur einem bestimmten Typ Mensch da sehen. In der ICT kann sich fast jeder Personentyp auf seine Art verwirklichen. Dadurch, dass es ein sehr dynamisches Berufsfeld mit einem zunehmenden Fachkräftebedarf ist, hat man ausgezeichnete Berufsaussichten in den nächsten Jahren. Mit dem grossen Entwicklungspotenzial in dem Bereich und dem technologischen Fortschritt ist man hier am Puls der digitalen Gesellschaft und kann die Zukunft aktiv mitgestalten.  


Weitere Infos zum Entwickler/in digitales Business EFZ


Über Angela Munz

Angela Munz kommt aus Lyss und hat nebst der höheren Fachschule für Betriebswirtschaft den Fachausweis in Erwachsenenbildung absolviert. In den letzten 15 Jahren konnte sie in verschiedensten Funktionen der IT Prozesse digitalisieren, Mitarbeitende, Trainer und End User ausbilden sowie Events und Lernplattformen mitgestalten. Aktuell baut sie als Lehrbeauftragte der Wirtschaftsschule Thun an der Einführung des Berufs «Entwickler/in digitales Business EFZ» mit. In ihrer Freizeit liebt sie es, Zeit mit Freunden und der Familie in der Natur zu verbringen.