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Jahresbericht 2022

03. März 23 by Serge Frech

Editorial


Wir haben einen wunderbaren handschriftlichen Brief erhalten. Ob Informatiker EFZ ein Beruf mit Zukunft sei, wollte der 94-jährige Grossvater wissen. Sein Enkel interessiere sich für diese Ausbildung. Mit grösster Überzeugung konnten wir ihm versichern: Ihr Enkel wird als Informatiker EFZ einen Beruf lernen, der so zukunftsfähig wie kaum ein anderer ist. Und auch für Enkelinnen wäre es eine ausgezeichnete Berufswahl. Denn bis ins Jahr 2030 werden knapp 40'000 zusätzliche ICT-Fachkräfte ausgebildet werden müssen, damit der zunehmende Bedarf gedeckt werden kann. Der Brief berührte viele: über 10'000 Klicks und mehr als 1’000 Reaktionen erzielte unser Beitrag dazu auf LinkedIn. Er deutete damit Themen an, die uns auch in Zukunft stark beschäftigen werden: die Marktfähigkeit unserer Berufsbilder, den Fachkräftemangel und den tiefen Frauenanteil im Berufsfeld.  


Eins ist klar: Die Berufsbildung bleibt weiterhin der wichtigste Hebel, um den zunehmenden ICT-Fachkräftebedarf zu decken. Knapp 80 Prozent aller ICT-Abschlüsse gründen in der Berufsbildung, wie die im September 2022 von ICT-Berufsbildung Schweiz veröffentlichte Studie «ICT-Fachkräftesituation | Bedarfsprognose 2030» zeigt. Aus dieser stammen auch die eingangs erwähnten Zahlen. Umso relevanter ist die Hauptaufgabe von ICT-Berufsbildung Schweiz, für marktgerechte, praxisorientierte und qualitativ hochwertige Berufsbilder und Berufsbildungsabschlüsse zu sorgen. In diesem Sinne war das Jahr 2022 stark geprägt durch die Ausarbeitung und Bekanntmachung des neuen Berufs «Entwickler/in digitales Business EFZ», die Einführung der neuen eidgenössischen Berufsprüfung «Digital Collaboration Specialist EFA» und die Revisionen drei weiterer eidgenössischer Fachausweise.


Eine weitere wichtige Aufgabe von ICT-Berufsbildung Schweiz ist es, die in der Schweiz tätigen Unternehmen und Verwaltungen in ICT-Bildungsfragen zu vertreten und sich aktiv in die Gestaltung des Berufsbildungssystems einzubringen. Inzwischen wird ICT-Berufsbildung Schweiz auf allen Ebenen als kompetente Partnerin wahrgenommen. So waren wir als Botschafter/innen für die Anliegen der ICT-Berufsbildung im Einsatz und wurden für zahlreiche Podiumsgespräche, Keynotes, Workshops und Besuche ausländischer Delegationen engagiert. In kürzester Zeit hat sich auch das Ende 2021 ins Leben gerufene Kompetenzzentrum etabliert: Erste Mandate und Events konnten erfolgreich umgesetzt werden.


Bei unserer Tätigkeit dürfen wir auf die Unterstützung von zahlreichen aktiv mitwirkenden Personen zählen. Ein besonderer Dank gilt den kantonalen und regionalen Organisationen der Arbeitswelt (OdA). Ebenfalls möchten wir unseren Sponsoren danken, auf die wir auch in Zukunft angewiesen sein werden, aber auch jeder einzelnen Person, die sich für die ICT-Berufsbildung und unseren Fachkräftenachwuchs stark macht. Wir freuen uns zudem sehr über die neue Mitgliedschaft der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) und des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV) per 1. Januar 2023. Gemeinsam gestalten wir die ICT-Berufsbildung der Schweiz für kompetente ICT-Fachkräfte – heute und morgen.


Serge Frech, Geschäftsführer ICT-Berufsbildung Schweiz



ICT-Berufsbildung Schweiz in Zahlen 





Highlights in den Kernbereichen

Berufliche Grundbildung


Neuer Beruf: Entwickler/in digitales Business EFZ 

2022 konnte die Bildungsverordnung einer neuen beruflichen Grundbildung finalisiert werden: die vierjährige Lehre als Entwickler/in digitales Business EFZ. Von der Idee bis zur Inkraftsetzung sind gerade einmal zwei Jahre vergangen, was im Vergleich zu anderen Entwicklungsvorhaben in der Berufsbildung sehr schnell ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass weniger Stunden investiert, sondern dass die Prozesse maximal beschleunigt wurden. Insgesamt hat die Projektgruppe 3'500 Stunden für die Entwicklung aufgewendet. Die neue Bildungsverordnung trat am 1.1.2023 in Kraft, somit werden die ersten Lernenden im August 2023 in der ganzen Schweiz mit der Ausbildung starten. Ein grosses Dankeschön an alle, die ihre Expertise und Zeit in die Entwicklung und Umsetzung des neuen Berufs haben einfliessen lassen.


ICTskills2022 an den SwissSkills 2022

109 junge Informatik- und Mediamatik-Talente haben an den zentralen Schweizermeisterschaften in Bern in fünf Disziplinen – davon neu Cyber Security und Cloud Computing – ihre Fachkompetenz unter Beweis gestellt. Im Einsatz waren 27 Experten. Die Berufsmeisterschaften wurden begleitet von der grössten Berufsschau der Geschichte. 64'000 Schüler/innen nutzen die Gelegenheit, über 1’000 jungen Nachwuchstalenten in 87 Berufsmeisterschaften über die Schultern zu schauen und herauszufinden, welche der 150 Lehrberufe für sie selbst infrage kommen könnten. Gemeinsam mit der Schweizerischen Post, Swisscom, gateway.one, der Schweizer Armee (SPARC) und der Initiative IT-Feuer bot ICT-Berufsbildung Schweiz den Besucher/innen einen Einblick in die vielseitigen ICT-Berufe und zeigte die Wege und Karrierechancen der Berufsbildung auf.


WorldSkills 2022

An den WorldSkills 2022 Special Edition in Goyang (KOR) sicherten sich die drei Schweizer Informatiker EFZ Sven Gerber (Rang 4 in IT Network Systems Administration), Thomas Gassmann (Rang 6 in IT Software Solutions for Business) und Tom Diggelmann (Rang 7 in Web Technologies) je ein «Medallion for Excellence». Die ausgezeichneten Leistungen bezeugen einmal mehr die hohe Qualität der Schweizer Berufsbildung. In den ICT-Disziplinen war die Konkurrenz besonders stark, was die Bedeutung der ICT in den aufstrebenden Wirtschaftsnationen verdeutlicht. Im internationalen Vergleich belegte die Schweiz den 3. Rang im Medaillen-Spiegel über alle Berufswettkämpfe und in Europa den stolzen 1. Rang. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die Schweiz der Berufsbildung weiterhin einen hohen Stellenwert einräumen.



Medalist/innen ICTskills2022 in Mediamatik mit Bundesrat Guy ParmelinWettkampfarena der Berufsmeisterschaften ICTskills2022 an den SwissSkills 2022







Höhere Berufsbildung


Prüfungswesen

ICT-Berufsbildung Schweiz ist Prüfungsinstanz für die eidgenössischen Fachausweise (Berufsprüfung) in Applikationsentwicklung, Systemtechnik, Wirtschaftsinformatik, Mediamatik, Cyber Security und Digital Collaboration sowie für die eidgenössischen Diplome (höhere Fachprüfung) ICT-Manager/in und ICT Security Expert. Im Jahr 2022 legten insgesamt 322 Personen eine Berufsprüfung und 39 Personen eine höhere Fachprüfung ab. Daraus konnten insgesamt 178 eidgenössische Fachausweise und 31 eidgenössische Diplome erteilt werden. Speziell der Fachausweis «Cyber Security Specialist» stösst auf zunehmendes Interesse: Seit der Erstdurchführung 2020 konnte die Anzahl Prüfungskandidatinnen und -kandidaten vervierfacht werden.

Um den Prüfungsprozess einfach verständlich aufzuzeichnen, hat Stefanie Zehr im Rahmen ihres Bachelorstudiums in Berufsbildung einen sehenswerten kurzen Animationsfilm erstellt.  


Revisionen

2022 wurden die Revisionen der Fachausweise vorangetrieben. Im März wurden die revidierte Prüfungsordnung Wirtschaftsinformatiker/in EFA und die neu entwickelte Prüfungsordnung Digital Collaboration Specialist EFA in Kraft gesetzt. Per Ende Jahr konnten auch die überarbeiteten Prüfungsordnungen der eidgenössischen Fachausweise ICT-Applikationsentwickler/in und ICT-System- und Netzwerktechniker/in dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zur Prüfung vorgelegt werden. Mit den neuen Prüfungsordnungen ändern sich auch die geschützten Titel der beiden Abschlüsse, die künftig ICT-Application Development Specialist EFA und ICT-Platform Development Specialist EFA heissen werden. Neu sind in der Applikationsentwicklung auch Spezialisierungen in vier Fachrichtungen vorgesehen: Frontend, Mobile, Backend und Data Engineering. Die Revisionen sind mit einer neuen Prüfungsstruktur verbunden, die noch grösseren Wert auf die individuellen, praktischen Kompetenzen der Absolvierenden legt.



ICT-Boost






Digitalisierung & Innovation


Kompetenzzentrum

Das im Jahr 2022 ins Leben gerufene Kompetenzzentrum von ICT-Berufsbildung Schweiz hat sich in kürzester Zeit etabliert. Das Kompetenzzentrum wurde mit verschiedenen Bildungsmandaten beauftragt und konsultiert. Die im Kompetenzzentrum zur Verfügung gestellten Best Practice Factsheets mit konkreten Lösungsvorschlägen – etwa zu Themen wie Flexibilisierung in der beruflichen Grundbildung oder zum Beschwerdewesen in der höheren Berufsbildung – finden Anklang. In der Zusammenarbeit mit unseren Hochschulpartnern werden gemeinsame Forschungsprojekte geprüft.


Vernetzung am Barcamp GETTING CONNECTED

An der diesjährigen SBFI Herbsttagung wurden wir für den Input-Workshop «Digitalisierung in der Berufsbildung - zwei Beispiele aus der Praxis» zusammen mit BeLearn und rund 300 Teilnehmenden engagiert. Mit dem Barcamp im Sommer haben wir ein neues Event-Format bei ICT-Berufsbildung Schweiz eingeführt. Über 120 Personen haben sich am ersten Barcamp GETTING CONNECTED intensiv über die menschlichen Komponenten der Digitalisierung und zielführende Lösungen für die Berufsbildung ausgetauscht.



Teilnehmende tauschen sich am Barcamp in Gruppen aus





Marketing & Kommunikation


ICT Award Night

Nach zwei Jahren Pause feierten 2022 wieder über 300 Gäste die Bestleistungen von ICT-Lehrbetrieben und -Fachkräften. Baumer Electric, Emmi und Swisscom wurden mit dem ICT Education & Training Award 2022 ausgezeichnet und damit für ihr Engagement in der Ausbildung des ICT-Berufsnachwuchses gewürdigt. Julien Aeby von CISEL Informatique SA erhielt den Special Prize als bester ICT-Berufsbildner 2022. Der ICT Professional Award für den besten eidgenössischen Fachausweis verdiente sich David Schuler, der die Berufsprüfung zum ICT-System- und Netzwerktechniker mit der herausragenden Gesamtnote von 5.9 abschloss. Moreno Ivan Paganessi schloss als Jahrgangsbester die höhere Fachprüfung zum ICT-Manager mit eidgenössischem Diplom ab und wurde für diese Leistung mit dem ICT Senior Professional Award ausgezeichnet. Der ICT Young Professional Award für das beste Resultat an den Schweizermeisterschaften ging an den Lernenden Informatiker Lars Peder aus dem Kanton Graubünden. Der Berner Knackeboul sorgte als Moderator und Performer für einen kurzweiligen Abend. In seinen kreativen Einlagen richtete er das Spotlight auf die 164 Diplomand/innen, die im Mai erfolgreich einen eidgenössischen Fachausweis oder ein Diplom in der ICT erworben haben.


Berufsmarketing

Mit den Berufsentwicklungen wird auch das Informationsmaterial laufend aktualisiert und ergänzt. Um den neuen Beruf Entwickler/in digitales Business EFZ der Öffentlichkeit verständlich zu erklären, haben wir einen kurzen Film veröffentlicht, den wir bei Komax in Dierikon drehen durften. Ein weiteres Ziel ist die Stärkung der höheren Berufsbildung. Hier setzt ICT-Berufsbildung Schweiz hauptsächlich auf Search Engine Advertising, das insgesamt über 17’000 zusätzliche Personen auf die Weiterbildungsseite holte. Auch hier haben wir einen Film veröffentlicht, der die vielen Vorteile der höheren Berufsbildung hervorhebt. Um auch die Berufsinformationszentren über die Neuerungen zu informieren, haben wir Online-Informationsanlässe mit über 130 angemeldeten Berufsberater/innen durchgeführt.


Resonanz

  • Website: Die im Oktober 2021 eingeführte modernisierte Website wird jährlich von deutlich über 153'000 Personen konsultiert
  • Newsletter: 8 Mal jährlich versenden wir unseren allgemeinen Newsletter ict.inside an über 7’300 Abonnent/innen und 4x jährlich den Newsletter ict.edu an über 3’200 ICT-Lernende
  • Social Media: LinkedIn ist mit über 7’000 Followern (+63% im Jahr 2022) und einer durchschnittlichen Engagement-Rate von 7.3% der wichtigste Kanal
  • Medien: Insbesondere über die Studie «ICT-Fachkräftesituation | Bedarfsprognose 2030» und den neuen Beruf «Entwickler/in digitales Business EFZ» wurde landesweit in Tages- und Fachmedien berichtet



Knackeboul, Moderator an der ICT Award Night 2022 und Julien Aeby, bester ICT-Berufsbildner 2022 auf der BühnePublikum an der ICT Award Night 2022




Organisation


Mitglieder

Per 1. Januar 2023 haben sich die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) und der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) ICT-Berufsbildung Schweiz angeschlossen. Mit ihrer Mitgliedschaft setzen die beiden Verbände ein Zeichen für die nachhaltige Entwicklung von ICT-Fachkräften in der Finanz- und Versicherungsbranche.


  • Mitglieder von ICT-Berufsbildung Schweiz: 17 kantonale & regionale Organisationen der Arbeitswelt | digitalswitzerland | EIT.swiss| Hasler Stiftung | Kaufmännischer Verband Schweiz | Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) | Schweizerischer Versicherungsverband (SVV) | Swissmem | viscom | Verband der Schweizer Druckindustrie (VSD) | Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE)


Vorstand

An der Vorstandsklausur im Juni 2022 gab Georges Schlegel, Vizepräsident der ersten Stunde, nach 12 Jahren sein Amt ab. Als Nachfolger wurden Carlo Pirola und Marc Marthaler gewählt. Carlo Pirola ist Präsident von ICT-Berufsbildung Aargau und vertritt die kantonalen und regionalen Organisationen der Arbeitswelt. Marc Marthaler ist Head of Next Generation bei Swisscom und nimmt als Wirtschaftsvertreter Einsitz.


  • Mitglieder des Vorstands: Andreas W. Kaelin, Präsident | Marc Marthaler, Co-Vizepräsident | Carlo Pirola, Co-Vizepräsident | Elisabeth Christen, Credit Suisse AG | Thomas Fahrni, Präsident Fachkommission MBK | Dr. Alain Gut., IBM Schweiz AG, Swico | Christian Hunziker, swissICT | Daniel Jäggli, Präsident Prüfungskommission HBB | Michael Kraft, Kaufmännischer Verband Schweiz | Christian Matter, EIT.swiss | Doris Matyassy, SBB AG | François Mayer, ICT-Berufsbildung Westschweiz | Patrick Müller, Präsident B&Q Informatik & ICT-Fachleute | Michael Paulus, Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE | Thomas Riesen, ICT-Berufsbildung Bern | Werner Scherrer, ICT-Berufsbildung Zürich | Dr. Sonja Studer, Swissmem | Dominik Tschumi, Präsident nationale üK-Kommission | Steven Walsh, Präsident B&Q Mediamatik & digitales Business | Prof. Dr. Stefan Wolter, Universität Bern


Geschäftsstelle

Im August 2022 hat Nouran Wahba als Mitarbeiterin im Office Management und Assistentin der Geschäftsleitung angefangen. Stefanie Zehr, vormals Leiterin des Verbandssekretariats, hat eine neue Rolle als Leiterin Bildungsprojekte übernommen. Pia Geiser, bisher Leiterin des Prüfungssekretariat ist seit Juni 2022 mit 40 Stellenprozent im Bereich Marketing & Kommunikation tätig.


  • Mitarbeitende der Geschäftsstelle: Serge Frech, Geschäftsführer | Dietmar Eglseder, Stv. Geschäftsführer | Matthias Bauhofer | Jana Baumgartner | Pia Geiser | Vincenza Licari | Elisa Marti | George Streit | Nouran Wahba | Marc Woodtli | Stefanie Zehr






Ausblick 2023


Highlights im kommenden Vereinsjahr




Herzlichen Dank!


ICT-Berufsbildung Schweiz zählt auf das Engagement zahlreicher Einzelpersonen und Organisationen. Sie machen die zahlreichen Projekte, Innovationen und Events mit ihrer Expertise und finanziellen Unterstützung möglich. Dazu gehören unsere Verbandsmitglieder, Sponsoren, Bildungspartner, Mitglieder in Gremien und Kommissionen, Prüfungsexperten und -expertinnen, Jurymitglieder und viele mehr. Ihnen allen danken wir herzlich für den grossen Einsatz und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.